Matthias Heitmann  Klartext

F – „F...“

- Das ungewisse Schicksal von F-Worten im rot-grünen Deutschland


Schwer fiel es mir, mich für ein einziges Wort zu entscheiden, das ich genauer erklären könnte. Denn die wirklich interessanten Worte mit “F” darf man heute öffentlich gar nicht aussprechen. Und das wird in Zukunft noch schlimmer. Dabei gäbe es so viele schöne Worte, die es verdienten, genauer umschrieben zu werden:

Fressen, Fernsehen, Liebemachen zum Beispiel. Oder Fußball, Fogts oder Effenberg, alles wunderschöne Worte, zu denen man viel fabulieren könnte, aber sie sind out, Schluß und vorbei. Ganz zu schweigen von der Freude am Fahren.

Es gibt im Alphabet kaum einen Buchstaben, der kontroverser ist, sieht man vielleicht einmal vom S ab. Der wäre aber erst in der Jubiläumsausgabe Novo50 dran, und bis dahin gibt es den bestimmt nicht mehr.

Auf jeden Fall wird sich am Gebrauch des Buchstabens F zeigen, ob sich der rot-grüne Politikwechsel wirklich auch in den Herzen und Geistern des deutschen Volkes vollziehen wird. Politikwechsel heißt hier, sich von alten liebgewonnenen Begriffsständen zu trennen und sich neuen Innovationsausdrücken zuzuwenden, die besser in diese modernen Zeiten passen. Für eine ganze Wortgeneration ist der Wechsel in Bonn echt Tipp-Ex. Aber es gibt auch Gewinner nach der Wende: Worten wie Fischer, la Fontaine, Flexibilisierung, Frauenquote, Fairneß und Fünfmarkminusfastnix werden Flügel wachsen, und sie werden so Furore machen an den föderalen Futtertrögen der fortschrittlichen Führung.


Der Abschied einiger Worte wird uns jedoch hart treffen: Feierabend, Flugzeug, Freibetrag, Fleisch, oder auch einfach nur Wörtlein wie Fernet (Branca), Flirt oder Freiheit, sie werden uns sehr fehlen. Insbesondere die Silbe frei wird binnen kürzester Zeit auf der roten Liste der bedrohten Wortstämme zu finden sein: Lediglich in Freilandgemüse und Freiburg und einigen wenigen Wortreservaten bleibt die Silbe enthalten.

Eine der ersten Sprachreformen wird den Freitag treffen - er ist Symbol einer vergangenen Zeit und soll nach den Plänen des Bundeskultusministers Naumann und des Arbeitsministers Riester in “Ohnelohntag” umbenannt werden.

Andere Begriffe werden wiederum mit einer neuen Bedeutung belegt: Fürsorge, Friede oder Freiwilligkeit werden uns um die Ohren fliegen und spätestens nach einigen Monaten aus diesen wieder herauskommen.

Auch für Unternehmer hat die neue Regierung bereits einen Wortschatz zusammengestellt, durch den der alte wie folgt ersetzt wird: Filter statt Fortschritt, Flohmarkt statt Freihandel, Furcht statt Forschheit.


Aber der Wechsel hat auch positive Seiten: Sie haben sich alle lieb – Stichwort Friede. Und selbst Joschka Fischer, der sich zwar meistens, aber manchmal auch gerne selbst einen fahren läßt, hat den Sprung vom Bombenleger zum Sesselpubser und in die Krawatte wie aus dem Eff Eff geschafft. Noch sehen wir in die Grinsegesichter und rufen alle: Mann sind die sTollMann! Doch bald ist fluß mit luftig!.


Euer Schwerhöribert


(Novo37, November 1998)