Matthias Heitmann  Klartext

G – Grün-Quoten-Fischer-Oh-Gott

- die (kabi-)netten Quotenfischer


Mann kann Joschka Fischer verstehen und beneiden darum, sich ins Ausland abgesetzt zu haben. Endlich darf er ungeniert den wegweisenden Schlips in der Öffentlichkeit tragen und nicht nur daheim auf dem Klo, und es wagen zu behaupten, er habe früher keine Baströckchen getragen. Welch Befreiungsschlag! Seitdem er auch seine weiblichen Rundungen gegen die drahtige Männergestalt eingetauscht hat und stolz darauf ist, laufen die grünen Männer Gefahr, Oberwasser zu bekommen.


Jahrelang trugen sie die Haare lang, um auf diese Weise die Frauenquote bei Abstimmungen aus der Ferne zu unterlaufen, wenn auch zumeist ohne Erfolg. Doch auch jetzt entpuppt sich das Gerede über den Aufstieg der grünen Männer bei den Grünen als typisch männliche Oberflächlichkeit. Die Wahrheit ist weiterhin weiblich, und wenn nicht das, dann kommt sie doch zu mindestens 50 Prozent aus dem Osten, oder die Eltern kommen zu mindestens 50 Prozent aus dem Ausland, oder sie fühlt sich zu mindestens 50 Prozent dem linken Flügel zugehörig, oder sie fühlt sich zu mindestens 50 Prozent als lesbisch und hat mindestens 50 Prozent ihrer Beine verloren, und davon allein die Hälfte in Wackersdorf oder auf der Montagsdemo.


Daß die Grünen keine Volkspartei sind (schon vergessen?) und die Zahl der Mitstreiterinnen daher überschaubar, macht die quotengerechte Auswahl nicht einfacher. Finden Sie einmal eine quasi-ostdeutsche, fast-lesbische Halbtürkin mit doppelter Staatsbürgerschaft, die halblinks ist, Rolli fährt und Bock hat aufs Regieren mit Gerhard, dem Männerschwein...


Und doch, der Spagat kann gelingen – das Beispiel ist Fischer selbst, oder besser gesagt, die Fischers. Geschwisterlich paritätisch haben die Grünen ihre Quotenfischer eingeschleust: Einen Fischer für Außen, typisch Mann, repräsentieren, APOllinaris trinken, den “König der Fischer” machen und so, und eine Fischer zu Hause für die APOtheke, die sich um die allgemeine Volksgesundheit kümmert. Über diese Rollenverteilung, die ja letztlich mal wieder typisch ist, müßte zwar noch einmal grundlegend und gruppendynamisch, sozusagen unter uns Frauen, diskutiert und abgestimmt werden, aber immerhin: Die Fischers sind schon einmal korrekt ins Kabinett gequotelt worden. Stellen Sie sich vor, Schröder-Doris käme auf die gleiche Idee...


Auch in der Fraktion sieht es für Schnallen ganz gut aus – 27:20 steht es dort. “Und auch der Rezzo Schlauch, der allein zwei Sitze braucht”, ändert daran nichts. Wie das? Nun ja, Männer sind immer gerade (schon vergessen?), Frauen sind immer ungerade, insbesondere, was die Listenplätze angeht, und das heißt dann für die Geraden (das sind die ohne Titten!) in den meisten Fällen: “Sie sind zweiter Sieger! Herzlichen Glückwunsch!” Es kommen also immer mindestens genauso viele Ungerade ins Parlament wie Gerade. Logo, ne? Und urdemokratisch dazu! Für männliche, westdeutsche, körperlich und geistig unversehrte grüne Karrieristen gibt es demnach nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder man tritt der grünen “Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik” bei – hier herrscht eine 100prozentige Männerquote (Paradies?) –, oder man denkt nicht nur über Aluminium, sondern auch einmal über eine Geschlechtsumwandlung nach. Man muß sich schon bis zum letzten Zipfel einbringen, und man muß auch schmerzhafte Einschnitte bewältigen, Schwanz einziehen geht dann nicht mehr, gerade bei den Grünen...


(Novo38, Januar 1999)